Dünen lässt sich auch die "grüne Küste" von Marschinseln und Festland ökologisch gliedern.
Diese Zonen lassen sich auch an Bewuchs und Besiedlung nachvollziehen:
Im Sublitoral (der Dauerflutzone) wächst das Gemeine Seegras (Zostera marina), darauf folgt im
Eulitoral (der Gezeitenzone) aufgrund der verringernden Wassertiefe das Zwergseegras (Zostera noltii), diverse Tangarten (Fucus spec.), der Meersalat (Ulva lactuca), das Schlickgras (Spartina anglica) und schließlich der Queller (Salicornia europaea).
Dann beginnt das Supralitoral, im Vorland die Andelrasenzone, benannt nach ihrer Zeigerart, dem Andelrasen (Puccinella maritima).
Ohne Beweidung kann dieser Bereich einen fast Kniehoch 'verbuschten' Eindruck machen (Vgl Abb. 1h). Der Begriff 'Spitzwasserzone' ist im Vorland irreführend: die großen Vorländer liegen keineswegs im Bereich der Gischt, sondern erfahren unregelmäßig Salzeintrag: mal durch Wind und salzluftreiche Böen, mal durch Überflutung mit Meerwasser während Sturmfluten.
Die Ursachen der Zonierung sind sicherlich in der Anpassung an zunehmende Trockenzeiten zu finden: Die Pflanzenarten sind, je weiter weg von Meer, zunehmend widerstandsfähiger. Schlickgras und Queller können extremen Trockenstress, also einer Süßwasserunterversorgung, gut standhalten. Desweiteren sind sie physiologisch auf den salzigen Lebensraum angepasst, sie können aktiv Salz aus ihrem Organismus entfernen: Das Schlickgras besitzt Salzdrüsen zur aktiven Ausscheidung, der Queller lagert Salz in die äußeren Pflanzenbestandteile ein, die daraufhin zum Jahresende, dem Ende der Wachstumsperiode, rot werden und im Winter absterben.
Genauer werden die Zonierung und ihre Ökofaktoren unter Spülsaum & Küstenlinie erläutert.
Folgend sollen vier typische Pflanzen des Vorlands vorgestellt werden:
Einen besonderen Lebensraum bilden die Seegraswiesen im Watt: im geschützteren Bereich wachsen vor allem Zwergseegras und Gemeines (breitblättriges) Seegras. Die beiden Arten sind die einzigen höheren Pflanzen im Wattenmeer, die den Wechsel von vollständiger Überflutung durch Salzwasser und dem Trockenliegen bei Ebbe vertragen. Das Zwergseegras ist mehrjährig und schlägt nach Eiswintern aus dem Wurzelstock wieder aus, das einjährige breitblättrige Seegras stirbt im Winter komplett ab und bildet sich im Frühjahr durch Samen neu.
Früher gab es riesige Seegrasbestände im Wattenmeer, so dass es als Tierstreu und auch als Matratzenfüllung verwendet wurde. In den frühen dreißiger Jahren reduzierten sich die Bestände, in Holland beispielsweise auf 1%. Vermutet werden als Ursache extreme Witterungsbedingungen und ein eingeschleppter Pilz (Labyrinthula macrocystis) aus Nordamerika. Ausgedehnte Seegraswiesen findet man gegenwärtig überwiegend in den nordfriesischen Watten.
Seegraswiesen sind ein wichtiger Lebensraum für Schnecken, Krebse und für viele Fischarten. Auch Pfeifenten und Ringelgänse äsen gerne Seegräser.
Die folgenden drei Pflanzen fallen auch dem gelegentlichen Besucher sofort ins Auge:
Zum ersten der Queller (Salicoria europaea), eine typische Pionierpflanzenart des Wattenmeeres. Man findet sie direkt am Übergang vom Meeresboden zum Land, häufig überflutet, an den Rändern von kleinen Prielen, die ins Vorland einschneiden und es be- und entwässern, sowie an den Rändern der künstlich angelegten Grübben und in Senken im Vorland, die länger unter Wasser stehen. Aus dem Vorkommen lässt sich der Begriff Pionierpflanze erklären:
Pionierpflanzen wachsen als erstes dort, wo bisher noch kein Pflanzenwachstum möglich war. Sie sind an der Küste in besonderem Maße fähig, Wind und Wellenschlag zu trotzen, verfestigen mit ihren Wurzeln den Boden und beruhigen das Wasser, so dass Sedimente absinken können. Geschieht das über einen längeren Zeitraum, können sich auf dem nun höher gelegenen Land andere Pflanzen mit höheren Ansprüchen an ihren Lebensraum ansiedeln.
Der Queller hat zahlreiche Anpassungen, die das Wachsen unter diesen rauen Bedingungen ermöglichen: Wie alle Pflanzen, die mit zu hohen Salzkonzentrationen in ihrer Umwelt zu kämpfen haben, ist er physiologisch darauf angepasst: Zum einen ist er sukkulent (fleischig verdickt), um möglichst wenig Wasser durch Verdunstung zu verlieren (was ansonsten die Salzkonzentration im Inneren weiter ansteigen lassen würde), zum anderen besitzt er einen Mechanismus, das Übermaß an Salz auch wieder loszuwerden: Es wird in den äußeren Pflanzenteilen eingelagert und führt im Laufe eines Jahres zu einer Rotfärbung - der typische "Herbst" an der Nordseeküste. Im Winter sterben diese Pflanzenteile dann ab.
Der Andelrasen ist ein überflutungs- und beweidungsfestes Gras. Es wächst im Übergang von Quellerwatt zur Salzwiese in Pulken, kann aber unter Beweidung großflächige Gebiete dominieren, wegen seiner Zierlichkeit bekommt das beweidete Vorland dann die Anmutung eines englischen Rasens oder Golfplatzes (vgl. Abb. 2b). Es festigt den Boden durch intensive Durchwurzelung und überwächst Sedimentation bei Überflutung oder Sandverwehung.
Befürworter der Beweidung des Vorlandes führen dies ins Feld, neben der Verdichtung durch die Tierhufe, Bestockung des Grases durch Fraß (abgefressene Gräser schlagen häufig am Boden mehrfach wieder aus) und natürlich dem wirtschaftlichen Nutzen.
Das vom Andelrasen geprägte grüne Vorland ist also nicht das natürlich Aussehen des Vorlandes: eigentlich ist das Vorland eine zerklüftete Miniaturlandschaft mit zahlreichen Farbschattierungen der dort lebenden Pflanzen (vgl Abb. 1g, 2a). Insbesondere die Grautöne der Salzmelde und des Strandwermuts fallen auf, im Hochsommer kommt das Violett des Strandflieders dazu. Das ursprüngliche Wattenmeer kennt auch eine ausgeprägte Herbstfärbung (gl. Abb.2a).
Diese Salzwiesen entstehen nicht bei Entwässerung und Beweidung, sie müssen daher geschützt werden als wertvolle artenreiche Lebensräume.
Der Deich muss aus Gründen des Küstenschutzes beweidet werden (allerdings treten wandernde Schafherden auch Rinnen in den Deich, die im Herbst beseitigt werden müssen, um den den Wellen bei Sturmfluten keine Angriffsflächen zu bieten).
Das Vorland kann dagegen sich selbst überlassen oder teilweise extensiv beweidet werden, großflächige Auskolkungen im Boden und damit Gefahren für die Deiche sind noch nicht beobachtet worden.